Haushaltsrede 2011

Manfred Jost, Fraktionsvorsitzender
Sehr geehrter Herr Direktor Gillo,
meine Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

im Gegensatz zu früheren Jahren, in denen sich die Politik in ihren Haushaltsreden in ihrem politischen Handeln darstellen konnte, ist die heutige Haushaltsverabschiedung für das Jahr 2011 wohl weniger akzentuiert. Denn der Haushalt 2011 widerspiegelt den  Zustand der Kommunal-finanzen in Deutschland  – und der ist (Sie ahnen es) nun eben nicht verzückend.
Ich will die Situation stichwortartig umreißen (und folge dabei der Einschätzung der Bertelsmann-Stiftung): Wir sehen uns starken Einnahmeverlusten gegenüber, bei zugleich wachsenden Aufgaben und steigenden Ausgabenbelastungen. Hinzu kommt eine in manchen Bereichen unflexible Organisation und – nicht zuletzt – eine unzureichende Beteiligung der Bürger an der politischen Willensbildung in den Gemeinden und Gemeindeverbänden. Zugleich – und hierin liegt ein eklatanter Widerspruch – empfinden die Bürgerinnen und Bürger eben diese Gemeinden und Gemeindever-bände als wichtigste politische Ebene.
Festzustellen ist: Die Bedingungen für Kommunalpolitik hierzulande und heutzutage sind nicht angetan, den Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger gerecht zu werden: Während die Anforderungen an die Kommunen im sozialen Bereich, in der Daseinsvorsorge und einer nachhaltigen Lebensgestaltung wachsen, sinkt die Einnahmebasis. Gerade im Saarland mussten wir in den letzten Jahren feststellen, dass die Misere der Landesfinanzen auch auf die Kommunen durchschlug. Zugleich zu verlangen, dass die Kommunen ausgeglichene Haushalte vorzulegen haben, erinnert an die Quadratur des Kreises.
Trotz sinkender Ausgaben des Regionalverbands erreicht der Umlagesatz ein Rekordniveau: Er steigt um über 6 Prozentpunkte auf 73% der Bemessungsgrundlage – was den Kommunen natürlich zu Recht konfiskatorisch vorkommt. Sie übersehen aber, dass die Pflichtausgaben des Regionalverbands prägendes Element sind, das keine nennenswerten politischen Gestaltungsspielräume zulässt.
Erhebliche Haushaltsrisiken hat der Bund bei den Kosten der Unterkunft auf die Kommunen und Gemeindeverbände abgewälzt. Allein im Regionalverband Saarbrücken zählen 40.000 Menschen zu den Leistungsbeziehern. Der Bundestag hatte im Dezember 2009 eine Absenkung des Bundesanteils an den Kosten der Unterkunft beschlossen. Grundlage ist eine Berechnungsformel, die sich ausschließlich an der Zahl der „Bedarfsgemeinschaften“ orientiert. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Regionalverband wendet sich gegen diese Kürzung. Künftige Heizkostensteigerungen drohen voll auf deren Haushalte durchzuschlagen. Hier tickt eine Zeitbombe für die Kommunalfinanzen. Der Bund darf die Kommunen nicht länger ausbluten lassen; er muss sich angemessen an der Finanzierung der Sozialleistungen beteiligen. Eine Aufstockung der Bundesbeteiligung an den tatsächlichen Kosten der Unterkunft wäre ein erster wichtiger Schritt, um die finanzschwachen Kommunen hierzulande von Kosten der Arbeitslosigkeit zu entlasten. Denn zwischen Haushaltsnotlage und Arbeitslosigkeit besteht ein enger Zusammenhang, um nicht zu sagen: ein Teufelskreis. Konstruktive Finanzpolitik gestaltet sich unter diesen Umständen – gelinde gesagt – schwierig.
Erschwerend kommt für uns hinzu, dass man aus der Opposition heraus und dann noch gegen eine große Koalition nur schwerlich politische Akzente setzen kann.
Gleichwohl wollen wir unsere Änderungswünsche einbringen und lassen Sie mich diese kurz erläutern:
Meine Damen und Herren, zu unseren Anträgen: Mit Bedauern nehmen wir zur Kenntnis nehmen müssen, dass es für unsere Forderung nach direkten Investitionen in Fotovoltaik auf Gebäuden des Regionalverbandes keine Mehrheit zu geben scheint. Abgesehen von der Verbesserung der ÖKO Bilanz des Regional-verbandes hätte diese Maßnahme auch zu einer nachhaltigen Verbesserung der Einnahmenseite des Regionalverbandes geführt. In Anbetracht der stetig sinkenden Einspeisevergütung wird sich dieser Effekt beim Regionalverband in der Zukunft nicht mehr einstellen.
Wir hatten den Regionalverband aufgefordert, sich an der Finanzierung von so genannten Stromsparchecks bei einkommensschwachen Haushalten zu beteiligen. Das hätte dem Regionalverband gut angestanden, zumal er von der Entlastung bei den Kosten der Unterkunft profitiert. Diese Forderung wurde bedauerlicherweise von den übrigen Fraktionen abgelehnt. Das saarländische Umweltministerium hat aber inzwischen dafür gesorgt, dass das Programm weitergeführt werden kann. Für die Unterstützung unseres Antrages auf Einrichtung einer Integrationsstelle beim Regionalverband, die nicht nur in Bezug auf Demographie und Fachkräftemangel wichtig ist, sondern auch als Beitrag zu einer kulturell reicheren und lebenswerteren Gesellschaft anzusehen ist, möchte ich mich ausdrücklich bei den anderen Fraktionen bedanken.  
Für die Zukunft wünschen wir uns eine stärkere Beteiligung der BürgerInnen auch  an der kommunalen Finanzpolitik; Stichwort: Bürgerhaushalt, dies allerdings nicht als Abwälzung der Verantwortung für eine Politik des Kaputtsparens. Eine Reform der Gemeindefinanzen – inklusive der Kreis-/Regionalverbandsumlage ist gefordert. Vom Land eine Entschuldung der Kommunen zu fordern, wie es die SPD Saarbrücken gefordert hat, ist gelinde gesagt illusorisch. Dazu genügt ein Blick in den Landeshaushalt. Arme Kommunen können sich nur besser verdienende Menschen leisten. Gut ausgebaute öffentliche Infrastruktur und funktionsfähige soziale Institutionen sind nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, sondern auch Voraussetzung für erfolgreiches Wirtschaften. Deshalb muss eine Grundversorgung mit öffentlichen Gütern allen Bürgerinnen und Bürgern unabhängig von ihrem Einkommen und unabhängig von der Region in der sie leben zugänglich sein. Wir Grüne stehen für eine Stärkung und Weiterentwicklung verlässlicher und qualitativ hochwertiger öffentlicher Güter im Rahmen der kommunalen Daseinsvorsorge. Dazu müssen die Städte,  Gemeinden und Gemeindeverbände aufgabengerecht ausgestattet und ihre Einnahmen stabilisiert werden. Die Steuersenkungspolitik der Bundesregierung muss beendet werden, weil sie durch die Steuerverbünde unmittelbar die Gemeinden und Gemeindeverbände schädigt. Außerdem dürfen die Länder nicht dazu gezwungen werden, im Rahmen ihrer Gesetze über den kommunalen Finanzausgleich, die finanzielle Position der Kommunen zu schwächen. Vor diesem Hintergrund unterstützen wir die Forderung des saarländischen Landkreistags, angesichts der Aufgabendominanz der Landkreise in den Bereichen Soziales, Jugend und Bildung die Kreise und den Regionalverband an einer sogenannten Wachstumssteuer zu beteiligten. Ein eigenes Steueraufkommen ermöglichte es, die wachsenden gesetzlichen Sozial- und Bildungsausgaben finanzieren zu können, anstatt die regionalverbandsangehörigen Städte und Gemeinden über die Umlage in ihrer Handlungsfähigkeit einzuschränken.
Meinen herzlichen Dank und auch den der gesamten Fraktion möchte ich denjenigen aussprechen, ohne die dieser Haushalt, der wie jedes Jahr wieder für alle Beteiligten einen Kraftakt darstellt, nicht möglich gewesen wäre, insbesondere auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Verwaltung und der Kämmerei. Mein besonderer Dank gilt auch meiner Stellvertreterin Gertrud Schmidt sowie den weiteren Angehörigen der Fraktion B90/Die Grünen, einschließlich unseres Fraktionsgeschäfts-führers Dr. Henning Jank, für die erfahrene Unterstützung im vergange-nen Jahr.

Meine Damen und Herren,
Ich bitte um Zustimmung zu unseren Haushaltsanträgen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit