Haushaltsrede 2012

Gertrud Schmidt
 
Sehr geehrter Herr Direktor Gillo,
meine Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

ich werde heute hier die Positionen der grünen Fraktion im Regionalverbandstag zum Haushalt 2012 vertreten – mein Kollege Fraktionsvorsitzender Manfred Jost weilt derzeit in Berlin und lässt von dort herzlich grüßen. Mir ist völlig klar, dass es nicht einfach ist, in einem Reigen der Haushaltsreden, die von der Verwaltung und insgesamt 5 Fraktionen gehalten werden, ganz am Schluss noch mal gehört zu werden. Die Uhrzeit ist bereits fortgeschritten, ich werde versuchen, mich entsprechend kurz zu halten. Zu den Rahmendaten des diesjährigen Haushaltes ist schon Vieles gesagt, ich werde dem nur wenig hinzufügen. Natürlich begrüßen auch wir Grüne es, dass die Ausgaben im Haushalt 2012 niedriger angesetzt sind als im Vorjahr und es ist gut für unsere geplagten Kommunen, dass die Umlage dieses Jahr endlich wieder einmal gesenkt werden kann. Wenn dies in der jüngeren Vergangenheit überhaupt gelang, dann eine Zeitlang deshalb, weil man Stück für Stück die Rücklagen aus dem früheren Verkauf der VSE-Anteile des damaligen Stadtverbandes in die laufenden Budgets eingespeist hat. Diese sind, wie wir alle wissen, so gut wie aufgebraucht. Und damit sind wir bei einer Parallele, die sich zum Haushalt 2012 auftut: Die vorgesehenen Ausgaben für 2012 und damit die Umlagebelastung der Kommunen können nur deshalb gesenkt werden, weil es vom Bund aus Entlastungen bei den Ausgaben für die Grundsicherung gibt … – wir haben dies heute schon mehrfach gehört. Dies ist dringend notwendig, wird aber nicht dauerhaft ausreichen. Dass für die kommenden Jahre nicht von weiteren Umlagesenkungen auszugehen ist, wurde ebenfalls in den Beiträgen meiner Vorredner schon deutlich. Ich nenne hier nur die Stichworte Jugendhilfe, Krippenausbau, steigende Ausgaben im Sozialamt und nicht zuletzt die eher stagnierende Langzeitarbeitslosigkeit. Das Dilemma der Kommunen wurde kürzlich im Kooperationsrat wieder einmal deutlich, als sich die Vertreter aus den Gemeinden – trotz Senkung der Umlage – über die hohen Kosten des Regionalverbandes „austauschten“. Für uns Grüne ist auch dieses einleuchtend, kennen wir doch die Situation aus den kommunalen Haushalten nur allzu gut. In dieser Gesamtsituation wirkt es jedoch – nicht nur auf uns – einigermaßen grotesk, wenn man, parallel zu allen Sparbeteuerungen, von Seiten des Regionalverbandes den Ersatz der beiden weggefallenen Beigeordnetenpositionen durch zwei zusätzliche Dezernentenposten fordert.
Ich weiß, Herr Gillo, Sie rechnen an dieser Stelle gerne vor, wieviele Dezernenten in anderen Städten und Kreisen eingesetzt werden – was uns dabei aber bisher noch nie recht klar wurde ist die Frage, wie dort der Begriff „Dezernat“ und „Dezernenten“ belegt ist. Ist damit wirklich das Gleiche gemeint, wie das, was Sie hier etablieren wollen? Wir finden, in Zeiten der Haushaltsnotlagen sollte man sich solche Schritte ganz genau und das heißt im konkreten Fall „besser“ überlegen. Wie Sie wissen, sehen wir es ja im Unterschied zu anderen Fraktionen sogar ein, dass man zumindest eine Person im Dezernentenstatus zusätzlich an Bord holt. Warum man aber nach so langer Zeit, nachdem der erste Beigeordnete  bereits ausgeschieden ist, diesen immer noch in die Rechnung dazu nimmt, wo doch die Verwaltung seitdem hinreichend funktioniert hat, das bleibt uns nach wie vor ein Rätsel. Ist es wirklich die sachliche Notwendigkeit oder ist es eine Art Verteilungsfrage innerhalb der großen Koalition im Schloss, die solche Konzepte beflügelt? Dass wir mit unseren Zweifeln daran nicht alleine sind, zeigt das Presse-Echo auf Ihre Pläne – Pläne, die auch wir weiterhin kritisch verfolgen werden.
Worüber wir uns auch klar sind, ist die Tatsache, dass der Gestaltungsspielraum angesichts der Haushaltslage für den Regionalverband mit all seinen Pflichtaufgaben sehr eng ist. Aber wir sind nach Prüfung des Haushaltsentwurfs zu der Ansicht gelangt, dass es der im Schloss regierenden Großen Koalition bisher nicht gelungen ist, in den verbliebenen Bereichen Akzente zu setzen. Vielmehr kommen uns manche Dinge, die passieren, stark dem Proporz geschuldet und damit halbherzig vor. Dass ein solches Vorgehen kennzeichnend für Große Koalitionen ist, gehört zum Allgemeinwissen – mal sehen wie sich dieses Wissen bei der kommenden Landtagswahl bei den Wählerinnen und Wählern niederschlagen wird. Dies soll jedoch heute nicht mein Thema hier im Schloss sein, stattdessen möchte ich zu den Punkten kommen, die aus grüner Sicht im vorgeschlagenen Haushalt aus unserer Sicht fehlen bzw. stärker akzentuiert sein müssten.
1. Bereich Jugendamt und Jugendhilfe:
Auch hier profitiert man im kommenden Jahr von zusätzlichen Mitteln des Bundes und zwar über das Bildungs- und Teilhabepaket der Bundesregierung. Über dieses können viele Projekte, die sinnvoll und gut sind, abgewickelt bzw. neu installiert werden – jedenfalls für einen begrenzten Zeitraum. Wir begrüßen das, wenn auch mit dem schlechten Gefühl der damit verbundenen Kurzfristigkeit der Projekte – ein grundsätzliches Problem in diesem Bereich. Was wir ebenfalls unterstützen ist der Ausbau der Krippenplätze, auch wenn dieser den Haushalt sehr deutlich belastet. Wir appellieren an den Regionalverband, dass er alles dafür tut, die vorgeschriebene Quote von 35% bei den Krippenplätzen zu erreichen. Bei den handelnden Personen und ihrem Engagement habe ich persönlich dabei gar keine Bedenken. Wo ich Bedenken habe, ist bei der Frage, ob die berühmten 35% das Ende der Fahnenstange sein werden. Der Bedarf nach Plätzen ist tatsächlich eher höher. Dies gilt umso mehr in einem Verdichtungsraum, der von Einpendlern aus allen Richtungen lebt, die die Nachfrage nach Betreuungsplätzen noch zusätzlich in die Höhe treiben. Wenn wir aber als  Wirtschaftsstandort auch in Zeiten eines sich anbahnenden Fachkräftemangels attraktiv bleiben wollen, muss solche Infrastruktur vorgehalten werden.Was uns deutlich vor Augen steht, ist die Problematik, die sich aus den individuellen Ansprüchen auf Integration Behinderter ergibt. Wir konnten nicht zuletzt aufgrund einzelner Fälle in der Presse verfolgen, welche zusätzlichen Belastungen sich für die Jugendhilfe hier ergeben. Sehr klar ist uns dabei, dass die Veränderungen im Umgang mit Behinderten – die wir überaus begrüßenswert finden! – auch Veränderungsansprüche an die Sozialsysteme stellen. Kurz gesagt: Die bisherige, kurzfristige Vorgehensweise und das heißt auch die Finanzierung ist grundlegend zu überprüfen, über die verschiedenen Verwaltungsebenen hinweg aufeinander abzustimmen und zu verbessern. Dieses Thema ist im Jugendamt sehr präsent und wir unterstützen die Bemühungen, hier zu besseren Lösungen zu kommen. Nichts desto trotz aber stellen wir – quasi für die Zwischenzeit – heute den Antrag, den im Haushalt vorgesehen Posten gerade für Kinder mit autistischen Störungen um 200.000 Euro pro Jahr zu erhöhen. Hier zeigen konkrete Fälle, dass die Jugendhilfe deutlich unterfinanziert ist. Dies wollen wir mit unserem Antrag ändern. Der Vorschlag zur Gegenfinanzierung entfällt, da es sich um eine Pflichtaufgabe handelt.
2. Bereich Schulen und GBS:
Wir Bündnisgrüne sind froh, dass die Zeiten der ideologischen Auseinandersetzungen über einen weiteren Ausbau der     Ganztagsschulen weitgehend der Vergangenheit angehören. Diese     Entwicklung hat das saarländische Bildungsministerium in den vergangenen zwei Jahren mit seiner Politik unter grüner Führung sehr aktiv vorangetrieben. Auch im Regionalverband – und hier denke ich besonders an den Verbandsdirektor Herr Gillo – machte man sich in jüngster Vergangenheit stark für eine offensive Verbreitung dieser Schulform – bisher wurden zwei Schulen im Regionalverband zusätzlich auf Ganztagsbetrieb umgestellt. Wir wissen, dass es in Friedrichsthal Bestrebungen gibt, die Edith-Stein-Schule in eine Ganztagsschule umzuwandeln. Die Schule hat den entsprechenden Antrag beim Regionalverband gestellt, überwiegende Teile des Stadtrats vor Ort wünschen die Umwandlung. Nur zur Erinnerung: Es geht um verbesserte Bildungschancen der dort wohnhaften Kinder, der Bedarf wird vor Ort deutlich gesehen. Mittlerweile liegt im Regionalverband auch eine belastbare Schulentwicklungsplanung vor, die an dieser Stelle notwendige Hinweise zu den zukünftigen Schülerzahlen gibt und zügige Entscheidungen möglich macht. Wir beantragen deshalb, zunächst 300.000 Euro von Seiten des Regionalverbandes bereit zu stellen, um  die Voraussetzungen für eine Umwandlung der  Edith-Stein-Schule zur Ganztagsschule zu schaffen. Unser Deckungsvorschlag für diese zusätzlichen Ausgaben ist der Verzicht auf die geplante zweite Dezernentenstelle im Regionalverband inklusive der damit verbundenen weiteren Personal- und Sachkosten.
3. Bereich GBS:
Nicht zuletzt aus den Berichten im Ausschuss GBS  ist uns bekannt, wie prekär die Personalsituation im GBS in der Zwischenzeit ist. Nachdem das Konjunkturpaket mit seiner Fülle von Maßnahmen soweit abgeschlossen ist, liegen jetzt eine Menge sonstiger Maßnahmen an, die dringend in den Schulen abgearbeitet werden müssen. Verschärft wird die Situation durch den erhöhten Druck von außen auf die Personalausstattung, sprich, hier wird bereits eine Art Fachkräftemangel deutlich, der es zunehmend schwieriger macht, qualifiziertes Personal beim Regionalverband zu halten. Wir beantragen deshalb, im Haushalt 2012 zusätzlich 75.000 Euro im Bereich Baubegleitung und Baubetreuung einzustellen. Damit sollte es möglich sein, die Arbeitsbedingungen im GBS fürs erste so zu verbessern, dass dringend notwendige Projekte nicht verzögert werden, sondern abgearbeitet werden können. Ein Deckungsvorschlag für diesen Antrag entfällt auch hier, da die Aufgaben zu den Pflichtaufgaben des Regionalverbands gehören.
4. Klimaschutz:
Dass dieses Thema uns ganz besonders am Herzen liegt, liegt in der Natur der Sache, die aus unserer Sicht höchste Priorität hat. Es ist bedauerlich, wenn wir an dieser Stelle von einigen ewiggestrigen Mitgliedern der Regionalversammlung immer wieder als langweilige Wiederholer der immer gleichen Forderungen bezeichnet werden – und dies dann offenkundig, ohne sich wirklich ernsthaft mit dem Anliegen zu beschäftigen. Eines scheint mir bisher jedenfalls vollkommen klar zu sein: Der Klimawandel wird nicht langweilig sein. Wir sehen und begrüßen es natürlich, dass im Fachdienst Regionalentwicklung und Planung im vergangenen Jahr sehr vieles in Gang gekommen ist. Ich selbst nutzte z.B. die Gelegenheit mit dem entsprechenden Ausschuss die Energieregion Morbach zu besuchen, um mir dort neue Energiegewinnung in der Praxis anzusehen. Ich lauschte im Fachausschuss zusammen mit meinen Kollegen aus den anderen Fraktionen eindrucksvollen Vorträgen über kommunale Klimaschutzkonzepte und über deren dringende Notwendigkeit auch für den Regionalverband. Zuerst hatten wir an dieser Stelle vor, eine Summe von 50.000 Euro zu beantragen, um ein solches Energiekonzept erstellen zu können. Mittlerweile haben wir verstanden – was bei der Art der Haushaltsaufstellung aber auch nicht einfach war! – dass sich einem bestimmten Haushaltstitel im Fachbereich Regionalentwicklung eine Summe von 60.000 Euro versteckt, die vorgesehen ist, für ein solches Konzept. Wir erwarten, dass dieses Konzept zügig auf den Weg gebracht wird und dass die vorgesehenen Mittel dafür ausreichen – und falls nicht, müssen sie entsprechend aufgestockt werden. Dieses Konzept ist dringend notwendig. Notwendig nicht nur im Sinne des höheren Zieles Klimaschutz, sondern auch ganz praktisch um überhaupt in naher Zukunft noch an Fördermittel für alle möglichen Projekte in diesem Bereich zu kommen.
Was wir uns in diesem Zusammenhang erwarten, ist daher eine offensive Herangehensweise an das gesamte Thema. Wir stellen uns vor, dass der Regionalverband ganz klar nach außen dokumentiert, dass er das Thema Klimaschutz ernst nimmt und deshalb eine Art Startinvestition vornimmt. Meines Wissens können die für die Antragstellung angefallenen Kosten dann im Nachhinein, wenn ein Konzept für den Regionalverband erst mal steht, teilweise wieder erstattet werden. Außerdem gibt es Fördermöglichkeiten von Landes- und von Bundesseite aus, die natürlich ausgeschöpft werden müssen. Der Hintergrund, warum ich diese Vorgehensweise hier so betone ist, das aktuell in der Öffentlichkeit diskutierte Gerangel um die Umsetzung der Energiewende in Deutschland. Sowohl Umweltverbände als auch Wirtschaftsverbände fordern mehr Entschlossenheit im Regierungshandeln. Die Energiewende „müsse zur Chefsache gemacht werden“. … gute Beispiele sind dringend notwendig – wir könnten eines dafür werden!
5. Klimaschutz, unser Antrag auf Mittel für ein Energiecontrolling in den stadtverbandseigenen Liegenschaften: Hier komme ich dann zurück auf den Vorwurf der ewigen Wiederholung. Manche Dinge werden durch Wiederholung nicht schlechter – oder wie schon die alten Römer bemerkten: Die Wiederholung ist die Mutter der Weisheit!
Ja, wir stellen erneut den Antrag, für einen befristeten Zeitraum eine Person einzustellen, die sich um den Klimaschutz in den regionalverbandseigenen Liegenschaften kümmert und zwar ausschließlich darum!
Wir stellen uns eine Person vor, die sich eine begrenzte Zeit lang um ein bestimmtes Problem kümmert. Ähnlich wie die Person, die man kürzlich im Bereich GBS eingestellt hat, als es um die Frage der Betreuung, Wartung und Kontrolle der Sportgeräte in den Turnhallen ging. Dort gibt es  jetzt jemanden, der den ersten Problemdruck mit seiner Arbeit  beseitigt. Dies ist  – so wird berichtet – eine große Entlastung für den Fachdienst. Ähnlich stellen wir uns das mit einer Fachkraft im Bereich Energiecontrolling und Energiesparberatung in den regionalverbandsangehörigen Liegenschaften vor. Es hilft nichts, wenn wir auf das große Rundumpaket Klimaschutz warten – darauf verweist man immer wieder gerne –  dessen „in-Gang-Setzung“ ja ebenfalls noch lange nicht klar ist (siehe meine Ausführungen von vorhin). Bis es endlich soweit ist, dass man solche Aufgaben regulär im Rahmen eines Gesamtkonzeptes abarbeitet, können wir in der Praxis längst vieles auf dem kurzen Weg erreicht und umgesetzt haben. Die dadurch entstehenden Kosten können sich durch die erzielten Einsparungen – so die Einschätzung auch von Fachleuten dazu – locker amortisieren, wenn nicht sogar noch zusätzliches Geld eingespart wird.
Mir fällt in diesem Zusammenhang immer die Schilderung eines Kollegen über den Kühlschrank ein, der mindestens 20 Jahre alt, in einer Schulabstellkammer steht und bei einem rasanten Stromverbrauch eine Tüte Milch und eine Kältekompresse enthält. Solche Beispiele finden sich viele. Sie wirken auf den ersten Blick eher marginal, aber in der Summe kommt schon einiges zusammen. Dies gilt nicht zuletzt dann, wenn man die Möglichkeiten eines solchen Energiecontrollings in der Breite nutzt, indem man Schulungen und Verhaltenstraining mit den Nutzer/innen der Immobilien damit verbindet – ob dies nun Schüler/innen sind oder Beamte und Angestellte in den Gebäuden.
Kurz gesagt appelliere ich an Sie, heute nicht wieder dem ersten Reflex zu folgen, der da sagt, „den Grünen fällt nichts Neues ein“, sondern noch einmal kurz, aber intensiv darüber nachzudenken, ob unser Antrag nicht doch so viel Überzeugungskraft entwickelt, dass Sie ihm zustimmen können.
Dies gilt natürlich auch für unsere übrigen Anträge!
Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.