Haushaltsrede 2014

Stephan Körner, Fraktionsvorsitzender

Sehr geehrter Herr Direktor Gillo,
meine Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen!

10,7 Mio. € fehlen uns im Haushalt 2014 bei den Schlüsselzuweisungen des Landes gegenüber den ursprünglichen Ansätzen – keine gute Nachricht für die Städte und Gemeinden im Regionalverband. Sehr wohl eine gute Nachricht hat indes der Finanzminister des Saarlandes zu vermelden: 15 Mio. € Steuereinnahmen mehr als geplant werden sein Haushaltssäckel nächstes Jahr füllen, in den kommenden Jahren werden’s wohl gar noch ein paar Milliönchen mehr sein. Aber haben wir in den vergangenen Jahren nicht immer wieder gehört, dass Land und Kommunen im Saarland eine „Schicksalsgemeinschaft“ bilden würden? Und zwar immer just dann, wenn es darum ging, Einschnitte des Landes bei den Kommunalfinanzen zu rechtfertigen? Merken Sie etwas, meine Damen und Herren? Wenn es um die Verteilung der Steuermehreinnahmen geht, ist von einer Schicksalsgemeinschaft bei der großen Koalition im Land plötzlich keine Rede mehr. Nein, so kann das nicht gehen, bei allem Verständnis für die schwere Haushaltsnotlage des Landes: Die Schicksalsgemeinschaft darf keine Einbahnstraße sein, dafür ist die Haushaltssituation vieler Kommunen auch im Regionalverband viel zu verheerend. Es ist deshalb nicht zu viel verlangt, wenn wir angesichts der Einschnitte in der Vergangenheit eine faire Beteiligung der Kommunen auch an den konjunkturbedingten Mehreinnahmen des Landes einfordern. Wir unterstützen als Bündnisgrüne außerdem ausdrücklich die Forderung des Kooperationsrats nach einer effektiven Verankerung des Konnexitätsprinzips. Und wir kritisieren erneut, dass sich der Bund bei den Arbeitsförderungsmaßnahmen weiter aus der Verantwortung stehlen will und die Finanzierung der Kosten, die mit der sich verfestigenden Langzeitarbeitslosigkeit verbunden sind, der damit völlig überforderten kommunalen Ebene aufbürdet. Das neue Gutachten von Professor Junkernheinrich macht endgültig deutlich, dass die saarländischen Kommunen vor dem Finanzkollaps stehen: Drei Milliarden € Gesamtverschuldung, zusätzlich 2 Milliarden € Kassenkredite, unter Hinzurechnung der Schulden der ausgelagerten Einrichtungen sogar insgesamt 6,3 Milliarden €. Und jährlich kommen 100 Mio. € neue Kredite hinzu. Lange kann das nicht mehr gut gehen.
Wie verzweifelt die Situation unserer Kommunen ist, sehen wir schon daran, dass die Landeshauptstadt die Regionalverbandsumlage jetzt sogar juristisch anfechten will. Ich meine, wir sollten solche und andere Verzweiflungsakte zum Anlass nehmen, noch einmal gemeinsam über die Strukturen im Großraum Saarbrücken nachzudenken. Vielleicht ist die von uns vorgeschlagene Regionalstadt Saarbrücken hier ja doch keine so schlechte Idee, zumindest in der Perspektive. So wie jetzt kann es jedenfalls auf Dauer nicht weitergehen. Wenn der Hauptfinancier des Regionalverbandes diesen wegen der Umlagebelastung verklagen will, obwohl der als Träger überwiegend für Pflichtleistungen zuständig ist und deshalb eher wenig für die Misere kann, dann zeigt das schon, dass zwischen Schloss und Rathaus nicht nur atmosphärisch, sondern auch strukturell etwas nicht stimmt.
Wir Bündnisgrüne machen uns angesichts solcher und mit Blick auf die Demographie nicht einfacher werdender Entwicklungen wirklich Sorgen um die kommunale Infrastruktur im Großraum Saarbrücken. Sehen wir uns doch nur mal die Situation bei unseren Schulgebäuden an: Dort haben wir bereits jetzt einen Sanierungsstau von mindestens 20 Mio. € aufgebaut. Einstürzende Decken, herabfallende Fassadenteile, herausbrechende Fensterflügel – die Ursachen mögen im Einzelfall vielschichtig sein, aber der Befund zeigt, dass es eben nicht richtig war, wie die große Koalition im Schloss den Bauunterhalt in den vergangenen Jahren als Steinbruch für die Haushaltssanierung genutzt hat.
Meine Damen und Herren, „Einstürzende Neubauten“ ist eigentlich der Name einer innovativen deutschen Punk-Band aus den 80ern. Damit daraus nicht dereinst der Titel wird, der dann als Motto über dem Haushalt des Regionalverbandes schweben muss, wollen wir Bündnisgrüne bei den Schulen investieren. Wir begrüßen es daher, dass die Mittel für den Bauunterhalt im Haushalt 2014 jetzt erhöht werden sollen. Angesichts des uns auch von Wirtschaftsprüfern aufgezeigten millionenschweren Sanierungsstaus genügt das aber nicht. Auch wenn daran sicherlich nicht nur unsere – um im Bild zu bleiben –  „Punks“ von der groKo schuld sind: Wir müssen endlich alle gemeinsam ausreichende Mittel für den Abbau des baulichen und energetischen Sanierungsstaus an unseren Schulen und auch für hinreichendes Personal zur Verfügung stellen. Auch wenn uns dabei etwas „Bargeld“ sicherlich helfen würde: Vielleicht schaffen wir das ja, ohne hier gleich den Leadsänger Blixa Bargeld als neuen Direktor verpflichten zu müssen.
Werte Kolleginnen und Kollegen, ich komme zu unseren Haushaltsanträgen: Auch vor dem Hintergrund des angesprochenen Sanierungsstaus schlagen wir zunächst vor, dass der Regionalverband in einem mittelfristigen Investitionsprogramm in den nächsten Jahren je 2 ½ Mio. € jährlich für rentierliche energetische Investitionen in seine Liegenschaften zur Verfügung stellt. Diese leisten zunächst einen wichtigen Beitrag zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms des Regionalverbandes, für das wir uns seit Jahren eingesetzt haben und das inzwischen endlich auf den Weg gebracht worden ist. Sie bewirken aber natürlich auch eine Verbesserung des baulichen Zustands unserer Schulen. Und weil wir hier gezielt rentierliche Investitionen tätigen wollen, ist das angesichts steigender Energiepreise auch finanzpolitisch mehr als verantwortbar.
Ein ganz wichtiges Anliegen ist uns auch die Weiterführung der Schulsozialarbeit an Gymnasien, für die wir bescheidene 18.000.- € beantragen. Im Rahmen des Bildungs- und Teilhabepakets wurde die Schulsozialarbeit bekanntlich auch an einigen Gymnasien eingeführt, darunter solchen an sozialen Brennpunkten. Es ist sicher nicht die Schuld des Regionalverbandes, dass das entsprechende Förderprogramm des Bundes ausläuft. Und es ist zweifelsohne zu begrüßen, dass die Verwaltung eine Reihe der bisher mit Bundesmitteln finanzierten Maßnahmen, wie etwa im Bereich der Schulsozialarbeit an Gemeinschaftsschulen, nunmehr auf eigene Kosten weiterführen will. Leider ist das für die betroffenen Gymnasien dagegen nicht vorgesehen. Wie uns betroffene Schulleitungen und Elternvertretungen zum Teil sehr eindringlich mitgeteilt haben, wird dieses Instrument aber auch dort weiterhin dringend benötigt. An den Standorten herrscht echte Betroffenheit über die bevorstehende Einstellung der Projekte. Damit würde benachteiligten Jugendlichen eine Chance auf Bildung und Teilhabe wieder genommen. Wir leben schließlich immer noch in einem Land, in dem finanzielle Armut leider allzu oft mit Bildungsarmut einhergeht. Es ist daher für mich ein wenig unverständlich, dass gerade auch ein Sozialdemokrat als Regionalverbandsdirektor und eine starke sozialdemokratische Fraktion im Schloss an dieser Stelle nicht mehr sozial- und bildungspolitischen Einsatz zeigen – zumal der Betrag, um den es hier geht, doch eher geringfügig ist und wohl aus Mitteln der Gemeinwesenarbeit gegenfinanziert werden könnte.
Wir treten außerdem dafür ein, dass sich der Regionalverband mit einem zumindest symbolischen Betrag an den Planvergabekosten für den vorgesehenen Radweg rechts der Saar beteiligt. Dieses touristische Projekt würde einen wichtigen Lückenschluss im Radferntourismus ermöglichen. Wir appellieren an die Mitglieder der Regionalversammlung, diesem Projekt beizutreten und ihm die erforderliche Unterstützung nicht zu versagen. Es geht hier auch gar nicht nur ums Geld, sondern gerade auch um die symbolische und institutionelle Unterstützung.
Immerhin, in einem Punkt können wir als Bündnisgrüne in diesen Haushaltsberatungen  auch einen wichtigen Erfolg verbuchen. Unser bereits seit längerem verfolgtes Anliegen, einen Kita-Navigator einzurichten, soll endlich umgesetzt werden. Darüber freuen wir uns! Und wir sind zuversichtlich, dass die Verwaltung die bisher veranschlagten Kosten durchaus noch senken könnte, wenn sie dabei an die bereits vorhandenen Daten und informationstechnischen Strukturen der Kinderbetreuungsbörse anknüpft. Auch wenn ein Kita-Navi sicherlich nicht die im Regionalverband leider immer noch in großem Umfang fehlenden Krippen- und Kita-Plätze ersetzen kann: Er hilft den betroffenen Eltern immerhin, sich in Anbetracht des realen Mangels an Plätzen besser und aktueller über freiwerdende Betreuungsplätze informieren zu können.
Meine Damen und Herren, auch wenn wir damit natürlich nicht unsere Haushalte sanieren können, einen bescheidenen Beitrag zu den kommunalen Einnahmen kann in Zukunft auch die Windkraft leisten. Wir begrüßen es auch deswegen, dass der Regionalverband künftig Konzentrationszonen ausweisen will, die die Errichtung von Windrädern ermöglichen. Wir sind zudem der Auffassung, dass der zuständige Fachdienst hier eine wirklich gute Arbeit abgeliefert hat und sowohl die potenziellen Standorte als auch Tabukriterien gründlich analysiert hat. Umso bedauerlicher ist es für uns Grüne, dass jetzt die Kommunalpolitik, dass Stadt- und Gemeinderäte und letztlich Sie, Herr Gillo, die fundierte Ursprungsplanung im Nachhinein deutlich reduzieren wollen. Denn wir können nicht einfach immer nur mehr oder weniger überzeugenden Vor-Ort-Interessen nachgeben, wenn wir in unserem Ballungsraum einen spürbaren eigenen Beitrag zur Energiewende leisten wollen! Und nicht zuletzt besteht die Gefahr, dass die bisherige Planung am Ende in eine Verhinderungsplanung umschlägt – und dann letzten Endes womöglich ein Wildwuchs provoziert wird, den wir alle nicht wollen. Von daher sollten wir hier den Dialog mit den Kommunen und den Bürgern noch einmal verstärken, aber am Ende auch mehr politischen Mut zu klaren Entscheidungen zeigen. Denn letztlich wissen wir doch alle, dass die Energiewende ohne die preisgünstige Windkraft an Land nicht zu stemmen ist – und dass unsere Landschaft im Ergebnis durch den Klimawandel viel stärker bedroht ist als durch einige Windräder.
Herr Direktor, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, es ist nichts Neues, dass die Gestaltungsmöglichkeiten der Politik bei dem durch eine Vielzahl von Pflichtaufgaben gesteuerten Haushalt des Regionalverbandes begrenzt sind. Wir Bündnisgrüne erkennen auch an, dass dieser Haushalt 2014 ein Haushalt mit Licht und Schatten ist. Er enthält zum Teil gute Ansätze, wie etwa die erwähnte Fortführung von Schulsozialarbeit an Gemeinschaftsschulen oder die Einrichtung eines Kita-Navigators, er lässt aber auch nach wie vor vieles vermissen. Insbesondere fehlt es an einer echten Perspektive für die uns allen aufgetragene schwierige Aufgabe, unsere Schulen in einen ordentlichen und zeitgemäßen Zustand zu versetzen. Nicht zuletzt möchten wir auch deutlich machen, dass wir die Ablehnung unseres finanziell nun wirklich geringfügigen Antrags auf Weiterführung der Schulsozialarbeit an Gymnasien nicht nachvollziehen können. Die Fraktion Bündnis90/Die Grünen wird daher dem Haushalt 2014 des Regionalverbandes nicht zustimmen. Wir werden uns enthalten, wobei sie diese Enthaltung gerne als eine gewissermaßen kritische Enthaltung verbuchen dürfen.
Meine Damen und Herren,
der Haushalt 2014 war angesichts der engen zeitlichen Vorgaben für alle Beteiligten ein besonderer Kraftakt. Wir sollten uns, auch angesichts der gemachten Erfahrungen mit den eingebrochenen Schlüsselzuweisungen, überlegen, ob wir hier künftig nicht bessere Abläufe finden können. Unabhängig davon möchte ich aber nicht schließen, ohne auch im Namen unserer Fraktion den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung für die gute und offene Zusammenarbeit zu danken, insbesondere auch den kompetenten und fleißigen Menschen in der Kämmerei. Und dem Kämmerer wünsche ich vor allem eins: Viel „Bargeld“ für den Regionalverband – auch ohne „Einstürzende Neubauten“!
Vielen Dank.