Rede zum Neujahrsempfang 2017

Man­fred Jost, Fraktionsvorsitzender

 

- es gilt das gespro­che­ne Wort -

 

Mei­ne sehr geehr­ten Damen und Her­ren,
lie­be Freun­din­nen und Freun­de,
ver­ehr­te Gäste,

 

auch ich darf Sie ganz herz­lich zu unse­rem Emp­fang begrü­ßen. Wir freu­en uns sehr, dass Sie heu­te Abend bei uns sind.

Zum Jah­res­wech­sel hieß es die­ses Mal oft: „Gott sei Dank, 2016 ist vor­über“. Und in der Tat, das ver­gan­ge­ne Jahr hat uns manch erschüt­tern­des Ereig­nis ge-bracht: der furcht­ba­re Krieg in Syri­en dau­ert wei­ter an. Atten­ta­te welt­weit. Und zuletzt auch der grau­sa­me Ter­ror­an­schlag in Ber­lin mit so vie­len Todes­op­fern und Ver­letz­ten. Es fällt uns schwer, das neue Jahr unbe­schwert und fröh­lich zu begin­nen. Auch mit Blick zurück auf die poli­ti­schen Ent­schei­dun­gen: Groß­bri­tan­ni­ens Aus­tritt aus der Euro­päi­schen Uni­on als Ergeb­nis der plum­pen Kam­pa­gne gegen Ein­wan­de­rung und die EU hat uns ent­setzt. Dem Sieg der Popu­lis­ten beim Brexit folg­te der Sieg eines Popu­lis­ten bei den US-Prä­si­dent­schafts­wah­len. Dies sind nur zwei her­aus­ra­gen­de Bei­spie­le einer zu-neh­men­den Pola­ri­sie­rung der Gesell­schaft, die sich auch bei uns im Land – so scheint es – immer wei­ter ver­brei­tet. Dem­ago­gen gelingt es, mit schein­bar ein-fachen Ant­wor­ten mehr und mehr Men­schen für sich zu gewin­nen. Dem müs­sen wir etwas ent­ge­gen­set­zen, indem wir für Frei­heit und Mensch­lich­keit ein-tre­ten. Indem wir den Men­schen in unse­rem Land zuhö­ren, Ihnen Ideen und Kon­zep­te anbie­ten, die zukunfts­wei­send sind und nicht rück­wärts­ge­wandt. Das wird unse­re Her­aus­for­de­rung für das neue Jahr 2017 sein.

Dabei wird uns gera­de auch das The­ma Flücht­lin­ge wei­ter beschäf­ti­gen. Die zahl­rei­chen Ehren­amt­li­chen und die Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter der Ver­wal­tun­gen haben sehr viel geleis­tet, um den Kraft­akt der Unter­brin­gung, Ver­sor­gung und Leis­tungs­ge­wäh­rung zu stem­men. Ihnen allen gebührt unser Dank.
Die ers­ten wich­ti­gen Schrit­te sind damit getan. Aber es liegt noch ein wei­ter Weg vor uns allen. Denn Inte­gra­ti­on ist ein andau­ern­der Pro­zess, der uns noch eini­ge Jah­re beschäf­ti­gen wird. Dazu gehö­ren zum Bei­spiel Alpha­be­ti­sie­rungs- und Sprach­kur­se sowie idea­ler­wei­se auch berufs­spe­zi­fi­sche Sprach­kur­se. Die War­te­zei­ten für die­se Kur­se sind viel zu lang und ihre Anzahl zu gering. Hier er-war­ten wir uns grö­ße­re Anstren­gun­gen des Regio­nal­ver­ban­des, ein brei­te­res Ange­bot zu schaf­fen, bei­spiels­wei­se durch eine bes­se­re Zusam­men­ar­beit von Job­cen­ter und VHS.
Inte­gra­ti­on bedeu­tet aber nicht nur die Fra­ge, was kann Poli­tik, was kann Ver­wal­tung tun. Inte­gra­ti­on bedeu­tet, dass wir alle – die­je­ni­gen, die bereits hier leben und die­je­ni­gen, die neu zu uns kom­men – auf­ein­an­der zuge­hen. Hass und Aus­gren­zung haben dabei nichts zu suchen, Het­ze­rei und Angst­ma­che hel­fen nicht wei­ter. Eben­so wenig die ver­meint­lich ein­fa­chen Ant­wor­ten und die­je­ni­gen, die sie pro­pa­gie­ren. Inte­gra­ti­on ist ein lang­wie­ri­ger Pro­zess. Las­sen Sie uns gemein­sam dar­an arbei­ten, dass er zum dau­er­haf­ten Erfolg wird!
Wel­che The­men wer­den uns dar­über hin­aus im neu­en Jahr noch beschäf­ti­gen?
Ein wei­te­res wich­ti­ges Zukunfts­the­ma ist die Digi­ta­li­sie­rung. Die­ser Trend ver­än­dert unse­ren Lebens­all­tag, sei es in beruf­li­cher, pri­va­ter oder schu­li­scher Hin­sicht. Sei­en es Ver­wal­tungs­ab­läu­fe, die ver­schlankt wer­den kön­nen oder die Aus­stat­tung unse­rer Schu­len – der Regio­nal­ver­band ist in vie­ler­lei Hin­sicht von den Ver­än­de­run­gen betrof­fen. Jetzt geht es dar­um, die Zei­chen der Zeit zu er-ken­nen
Sowohl ver­wal­tungs­in­tern, als auch als Ange­bot nach außen. Der Regio­nal­ver­band als größ­ter Schul­trä­ger im Süd­wes­ten muss sei­nen Schü­le­rin­nen und Schü­lern moder­ne Schul­aus­stat­tung bie­ten, um sie opti­mal auf die digi­ta­li­sier­te Welt vor­zu­be­rei­ten. Für uns Grü­ne ist es beson­ders wich­tig, dass sie schon in der Schu­le grund­le­gen­de, umfas­sen­de und sys­te­ma­ti­sche Medi­en­bil­dung genie­ßen und so ihre Tech­nik- und Medi­en­kom­pe­tenz von Anfang an geför­dert wird. Dafür müs­sen aller­dings die Rah­men­be­din­gun­gen stim­men – neben der Hard­ware gehö­ren dazu unter ande­rem kos­ten­lo­ses WLAN und schnel­les Inter­net. Die digi­ta­le Infra­struk­tur an unse­ren Schu­len ist aber lei­der oft noch stark ver­bes­se­rungs­be­dürf­tig. Die Akzen­te, die der Regio­nal­ver­band hier­bei gera­de im neu­en Haus­halts­jahr setzt, begrü­ßen wir aus­drück­lich.
Uns Grü­nen ist wie immer der Kli­ma­schutz ein Her­zens­an­lie­gen. Oder soll­te ich sagen: Herz­schmerz? Denn der Regio­nal­ver­band ver­nach­läs­sigt den Kli­ma-schutz sträf­lich. For­de­run­gen nach einem Kli­ma­ma­na­ger wer­den eben­so abge­blockt wie For­de­run­gen nach einem Umwelt­ma­nage­ment­sys­tem. Gebets­müh­len­ar­tig wie­der­ho­len die wer­ten Her­ren aus Ver­wal­tungs­spit­ze und gro­ßer Koali­ti­on, dass beim The­ma Kli­ma­schutz vie­les nicht in der Hand des Regio­nal­ver­ban­des lie­ge und außer­dem kein Geld da sei. Aber was ist, wenn man in der eige­nen Zustän­dig­keit etwas tun könn­te, wofür sogar noch genü­gend Mit­tel im Haus­halt bereit stün­den? Rich­tig, dann macht man es immer noch nicht. Ich spre­che natür­lich von unse­rer For­de­rung nach einem Umwelt­ma­nage­ment­sys­tem. Wen inter­es­siert es da, dass die­ses, eben­so wie im Übri­gen der Kli­ma­ma­na­ger, im Kli­ma­schutz­kon­zept gefor­dert wird? Augen­schein­lich nie­man­den außer uns Grü­nen. Das Kon­zept liegt nicht erst seit ges­tern vor, doch umge­setzt wur­de bis­her kaum etwas. Ein paar Ein­stiegs­be­ra­tun­gen in ener­ge­ti­sche Sanie­run­gen von Wohn­häu­sern. Und dar­über hin­aus? Ach ja, da war noch was. Frei nach dem alten Mot­to: wenn Du nicht mehr wei­ter weißt, grün­de einen Arbeits­kreis!
Es ist sicher­lich purer Zufall, dass heu­te in der Saar­brü­cker Zei­tung unter dem Titel: ‑Regio­nal­ver­band senkt Ener­gie­ver­brauch in den Schu­len deut­lich- der Regio­nal­ver­bands­di­rek­tor Peter Gil­lo die Erfol­ge der vie­len Sanie­rungs- und Ener­gie­ef­fi­zi­enz-Pro­jek­te der Öffent­lich­keit ver­kau­fen will. Mal abge­se­hen davon, dass auch an die­ser Stel­le die Fra­ge erlaubt ist ob das Glas halb­voll oder halb-leer ist, will ich mich ger­ne wie­der­ho­len und erneut dar­auf ver­wei­sen, dass der Regio­nal­ver­band nicht ein­mal den For­de­run­gen des eige­nen Kli­ma­schutz­gut-ach­tens nach­kommt und weder ein Umwelt­ma­nage­ment­sys­tem eta­bliert noch den gefor­der­ten Kli­ma­schutz­ma­na­ger beschäf­tigt. Ich weiß, dies kos­tet was, wir alle wis­sen aber, dass jeder Euro der heu­te nicht in Sanie­rung und Ener­gie­ef­fi­zi­enz­stei­ge­rung inves­tiert wird, schon bald dem Regio­nal­ver­band mit Zins und Zin­ses­zins auf die Füße fällt. Ich kann gar nicht so posi­tiv den­ken, dass ich den Sanie­rungs­stau bei den Lie­gen­schaf­ten im zwei­stel­li­gen Mil­lio­nen­be­reich über­se­he, den der Regio­nal­ver­band vor sich her­schiebt. Ver­ant­wort­li­che und nach­hal­ti­ge Poli­tik geht anders.
Mei­ne Damen und Her­ren, ver­ste­hen Sie mich nicht falsch: ich hal­te regel­mä­ßi­ge Kon­sul­ta­tio­nen mit den Städ­ten und Gemein­den für sinn­voll, denn Kli­ma-schutz geht uns alle an. Aber das kann es doch nicht gewe­sen sein! Will der Regio­nal­ver­band sich am Ende der Legis­la­tur – die Hälf­te ist jetzt immer­hin vor­bei – wirk­lich vor­wer­fen las­sen, in Sachen Kli­ma­schutz kein Stück wei­ter gekom­men zu sein? Und statt­des­sen mit der revi­dier­ten Wind­ener­gie­pla­nung alles nur noch schlim­mer gemacht zu haben? Genau dar­auf steu­ern wir gera­de zu. Sie sehen: Grün ist nöti­ger denn je! Wir erwar­ten von Direk­tor Gil­lo hier drin­gend einen Plan B, wie er die durch Wind­kraft vor­ge­se­he­nen CO2-
Ein­spa­run­gen, die uns dank der Abstands­ver­grö­ße­rung nun ent­ge­hen, kom­pen­sie­ren will.
Mei­ne Damen und Her­ren, ich sag­te es gera­de: die Hälf­te der Legis­la­tur ist vor-bei. Ohne selbst­ge­fäl­lig zu sein, möch­te ich an die­ser Stel­le eine kur­ze Bilanz zie­hen: stel­le ich die Zahl der Anfra­gen und Anträ­ge mei­ner Frak­ti­on und die der ande­ren Frak­tio­nen gegen­über, stel­le ich fest, dass wir Grü­ne mit Abstand die meis­ten vor­wei­sen kön­nen, näm­lich 25, und damit dop­pelt so vie­le wie die Koali­ti­ons­frak­tio­nen. Ob das viel oder wenig ist, mögen ande­re beur­tei­len. Die ver­meint­li­chen Heils­brin­ger von der AfD glän­zen übri­gens mit null.
Die­se Bilanz ist für mei­ne Frak­ti­on und mich auch wei­ter­hin Ansporn, Grü­ne Akzen­te im Regio­nal­ver­band zu set­zen. Akzen­te, die bit­ter nötig sind:
• Wir wer­den uns wei­ter vehe­ment für den Kli­ma­schutz ein­set­zen, für den Aus­bau der Erneu­er­ba­ren Ener­gien, für Ener­gie­ein­spa­rung und Ener­gie-effi­zi­enz. Hier ist beim Regio­nal­ver­band noch viel Luft nach oben.
• Mei­ne Frak­ti­on und ich set­zen uns wei­ter für Bür­ger­be­tei­li­gung und Trans­pa­renz ein. Unse­ren eige­nen beschei­de­nen Bei­trag leis­ten wir mit unse­ren regel­mä­ßig statt­fin­den­den Bür­ger­sprech­stun­den, die wir fort-füh­ren wer­den.
• Auch das The­ma ÖPNV wird uns wei­ter beschäf­ti­gen. Mit der Novel­lie­rung des ÖPNV-Geset­zes hat das Land es ja lei­der ver­säumt, ent­schei­den­de struk­tu­rel­le Ver­bes­se­run­gen für die Orga­ni­sa­ti­on des ÖPNV im Regio­nal­ver­band zu schaf­fen. Abge­se­hen davon, dass ich per­sön­lich der Ansicht bin, dass der ÖPNV im Saar­land mit einem ein­zi­gen Auf­ga­ben­trä­ger zu orga­ni­sie­ren ist, kann es nicht sein, dass im Regio­nal­ver­band ins-gesamt drei Auf­ga­ben­trä­ger die­se „Arbeit“ stem­men. Auch hier besteht drin­gen­der Hand­lungs­be­darf, um intel­li­gent zu sparen.

Mei­ne Damen und Her­ren,
Bedan­ken möch­te ich mich an die­ser Stel­le bei den Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit-arbei­tern der Ver­wal­tung für die gute Zusam­men­ar­beit. Mein herz­li­cher Dank für die Unter­stüt­zung gilt auch den Mit­glie­dern mei­ner Frak­ti­on: Patrick Gins-bach, Ste­fan Frantz und Anna Dorf­ner. Ich dan­ke ins­be­son­de­re auch den Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen der Grü­nen Stadt­rats­frak­ti­on, Simo­ne Wied und Timo Leh­ber­ger, sowie den Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­tern der bei­den Geschäfts­stel­len für die tat­kräf­ti­ge Unter­stüt­zung bei der Vor­be­rei­tung die­ses Neu­jahrs­emp­fangs.
Mei­ne Damen und Her­ren, ich dan­ke für Ihre Auf­merk­sam­keit und wün­sche Ihnen allen ein gutes, ein gesun­des, ein glück­li­ches und fried­li­ches Jahr 2017.