Haushaltsrede 2016

Man­fred Jost, Fraktionsvorsitzender

 

- es gilt das gespro­che­ne Wort – 

 

Sehr geehr­ter Herr Direk­tor Gil­lo,
mei­ne sehr ver­ehr­ten Damen und Her­ren,
lie­be Kol­le­gin­nen und Kollegen,

in die­sem Jahr steht der Haus­halt erneut ganz im Zei­chen der stei­gen­den Regio­nal­ver­bands­um­la­ge. Die Belas­tun­gen für die Städ­te und Gemein­den in unse­rer Regi­on wer­den immer grö­ßer – das ist ein Fias­ko. Auch ohne die aktu­el­len Flücht­lings­strö­me in unser Land ste­hen die Städ­te und Gemein­den dadurch bereits vor gro­ßen Her­aus­for­de­run­gen – die Anstren­gun­gen bei der Unter­brin­gung und Inte­gra­ti­on von Flücht­lin­gen erschwe­ren die Finanz­si­tua­ti­on der Städ­te und Gemein­den, aber auch des Regio­nal­ver­ban­des zusätz­lich.
Bevor ich auf das The­ma Flücht­lin­ge näher ein­ge­he, ein paar grund­sätz­li­che Wor­te zur Finanz­si­tua­ti­on des Regio­nal­ver­ban­des: Die Erfül­lung der gesetz­li­chen Pflicht­auf­ga­ben durch den Regio­nal­ver­band und die Mehr­aus­ga­ben bedingt durch stei­gen­de Fall­zah­len kön­nen aller­dings nicht dar­über hin­weg täu­schen, dass wir hier ein struk­tu­rel­les Pro­blem haben. Wir Grü­ne sehen drin­gen­den Reform­be­darf bei der Finanz­aus­stat­tung der Land­krei­se durch den Bund und das Land. Daher müs­sen Bund und Land die Adres­sa­ten unse­rer Haus­halts­re­den sein.
Die Gro­ße Koali­ti­on im Land­tag saniert das Land mit ihrem Haus­halt zu einem gro­ßen Teil zu Las­ten der Gemein­de­ver­bän­de. Dabei erfül­len die Krei­se und der Regio­nal­ver­band Saar­brü­cken hoch sen­si­ble gesell­schaft­li­che Auf­ga­ben wie die Sozi­al- und Jugend­hil­fe. Gera­de die Aus­ga­ben der Jugend­hil­fe Inves­ti­tio­nen sind in die Zukunft unse­rer Regi­on, denn die Früch­te der Jugend­hil­fe wer­den am Ende im Bil­dungs- und Gesund­heits­sys­tem geern­tet. Mit dem Aus­bau der Kin­der­ta­ges­be­treu­ungs­an­ge­bo­te erfüllt der Regio­nal­ver­band nicht nur eine gesetz­li­che Pflicht, son­dern leis­tet zudem einen wich­ti­gen Bei­trag zur Ver­ein­bar­keit von Fami­lie und Beruf in unse­rer Region.

Vor die­sem Hin­ter­grund muss die Lücke zwi­schen dem der­zeit vor­han­de­nen Ver­sor­gungs­grad und dem ermit­tel­ten Bedarf (38 %) end­lich geschlos­sen wer­den Wenn wir aber die Fami­li­en wei­ter stär­ken und Allein­er­zie­hen­den eine reel­le Chan­ce auf Teil­ha­be am Arbeits­le­ben ermög­li­chen wol­len, benö­ti­gen wir mehr als einen 38prozentigen Erfül­lungs­grad, zumin­dest müs­sen wir für jedes zwei­te Kind einen Betreu­ungs­platz im Bal­lungs­ge­biet Regio­nal­ver­band anbie­ten.
Mei­ne Damen und Her­ren: dass die aktu­el­len Flucht­be­we­gun­gen auch den Regio­nal­ver­band vor gro­ße Her­aus­for­de­run­gen stel­len, ist uns allen bewusst und heu­te schon mehr­fach ange­spro­chen wor­den. Sieb­zig Jah­re nach Ende des Zwei­ten Welt­krie­ges, der nicht nur Aber­mil­lio­nen Men­schen das Leben kos­te­te, son­dern Mil­lio­nen von Men­schen auch in Deutsch­land ent­wur­zel­te und zur Flucht aus ihren Hei­mat­re­gio­nen zwang, ist es unse­re huma­ni­tä­re Ver­pflich­tung, die Flücht­lin­ge aus den Bür­ger­kriegs­re­gio­nen des Nahen Ostens auf­zu­neh­men und ihnen eine Per­spek­ti­ve in Deutsch­land zu bie­ten. Dass dabei Mehr­kos­ten auf die kom­mu­na­len Haus­hal­te zukom­men und die Arbeits­be­las­tung ins­be­son­de­re im Sozi­al- und Jugend­amt schon jetzt sehr hoch ist, ist uns allen bewusst. Unser Dank für ihren Ein­satz gilt den Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­tern der Ver­wal­tung.
Aus der Ver­gan­gen­heit ken­nen wir bereits die gro­ße Her­aus­for­de­rung für das Jugend­amt durch die hohe Zahl der UMA. Durch die neu­en gesetz­li­chen Rege­lun­gen zur vor­läu­fi­gen Inob­hut­nah­me und Ver­tei­lung in ande­re Bun­des­län­der wird sich das Aus­maß der Betreu­ung der UMA im Regio­nal­ver­band ver­rin­gern. Wir Grü­ne erwar­ten uns davon, dass die bestehen­den Struk­tu­ren noch bes­ser arbei­ten kön­nen und so eine höhe­re Qua­li­tät in der Betreu­ung sicher­ge­stellt ist.

Doch bei aller Belas­tung des Haus­hal­tes, etwa durch zusätz­li­che Stel­len zur Bewäl­ti­gung des Flücht­lings­stroms, möch­te ich an die­ser Stel­le noch etwas Grund­sätz­li­ches sagen: Vor dem Hin­ter­grund des Fach­kräf­te­man­gels und des demo­gra­phi­schen Wan­dels ist Zuwan­de­rung eine Chan­ce! Jetzt gilt es, neben den aku­ten Lösun­gen zur men­schen­wür­di­gen Unter­brin­gung und Ver­sor­gung der Men­schen bereits die Wei­chen für die Zukunft zu stel­len und in die Inte­gra­ti­on zu inves­tie­ren. Nur durch ech­te Inte­gra­ti­on schaf­fen wir eine Grund­la­ge für künf­ti­gen Wohl­stand. Inte­gra­ti­on darf aber kei­ne lee­re Wort­hül­se blei­ben, son­dern braucht Struk­tu­ren, Stra­te­gien und die not­wen­di­gen finan­zi­el­len Mit­tel. Dabei sind alle gefragt und gefor­dert: Poli­tik, Wirt­schaft, Zivil­ge­sell­schaft und selbst­ver­ständ­lich die Men­schen, die bei uns Zuflucht suchen und bei uns blei­ben möch­ten.
Auf Regio­nal­ver­bands­ebe­ne müs­sen die Flücht­lings­kin­der im Rah­men der Pla­nun­gen zum Kita-Aus­bau, der Schul­ent­wick­lungs­pla­nung und der Raum­pro­gram­me ent­spre­chen­de Berück­sich­ti­gung fin­den. Fer­ner muss der Regio­nal­ver­band sich dafür ein­set­zen, dass auch jugend­li­che Flücht­lin­ge, die das 18. Lebens­jahr bereits voll­endet haben, die Schu­le besu­chen dür­fen. Zur gelin­gen­den Inte­gra­ti­on gehört eben­falls der Aus­bau der Sprach­för­de­rung und gemein­sam mit dem Job­cen­ter ein Aus­bau der berufs­vor­be­rei­ten­den Angebote.

Ver­ehr­te Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen, ich darf noch ein paar Wor­te zum Haus­halts­an­trag von SPD und CDU sagen, den wir unter­stützt haben. Seit eini­gen Jah­ren hören wir uns die Beteue­run­gen der Ver­wal­tungs­spit­ze an, alle, aber auch wirk­lich alle Aus­ga­ben auf ihr Ein­spar­po­ten­ti­al hin über­prüft zu haben. Mit Ver­wun­de­rung stel­len wir nun fest, dass die Ver­wal­tung in die­sem Jahr auf die Initia­ti­ve der Gro­ßen Koali­ti­on hin inner­halb von drei Wochen sat­te 3,7 Mil­lio­nen Euro an umla­ge­sen­ken­den Ein­spar­mög­lich­kei­ten ent­deckt hat. Wir Grü­ne fra­gen uns aller­dings, wie­so das nicht schon mit dem ers­ten Ent­wurf gesche­hen ist. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Mei­ne Damen und Her­ren, ich kom­me nun zu unse­ren Anträ­gen:
Zu unse­rem gro­ßen Ent­set­zen ist der Inves­ti­ti­ons­stau an den regio­nal­ver­bands­ei­ge­nen Gebäu­den auf hor­ren­de 37 Mil­lio­nen ange­stie­gen. Das soll­te der Ver­wal­tung zu den­ken geben. Der völ­lig fal­sche Ansatz ist es da, die Aus­ga­ben für den all­ge­mei­nen Bau­un­ter­halt zu kür­zen und die Poli­tik damit zu ver­trös­ten, es sei nicht genü­gend Per­so­nal zur Bear­bei­tung der Bau­auf­trä­ge und Bau­maß­nah­men vor­han­den. Die­se Ein­stel­lung kann nur zu wesent­lich höhe­ren Fol­ge­kos­ten in der Zukunft füh­ren. Dies gilt es doch zu ver­mei­den! Auch wir Grü­ne wol­len spa­ren, aber wir wol­len intel­li­gent und nach­hal­tig spa­ren. Dazu gehö­ren Inves­ti­tio­nen in die ener­ge­ti­sche Sanie­rung spe­zi­ell der Schu­len. Dafür wol­len wir zusätz­lich Mit­tel im Wert von einer Mil­li­on Euro im Haus­halt bereit­stel­len. Maß­nah­men zur Stei­ge­rung der Ener­gie­ef­fi­zi­enz im Rah­men von ener­ge­ti­scher Sanie­rung sind nicht nur im Kli­ma­schutz­kon­zept vor­ge­ge­ben, son­dern bie­ten gro­ßes Ein­spar­po­ten­ti­al und tra­gen so zur Ent­las­tung künf­ti­ger Haus­hal­te bei.
A pro­pos Kli­ma­schutz­kon­zept: dar­in ist die Ein­stel­lung eines Kli­ma­schutz­ma­na­gers aus­drück­lich gefor­dert. Dar­über hin­aus wird dort sogar die Ver­wal­tung mit den Wor­ten zitiert, dass für die Umset­zung der Kli­ma­schutz­maß­nah­men auf jeden Fall ein Kli­ma­schutz­ma­na­ger ein­ge­stellt wer­den soll­te. Ich bit­te Sie, lie­be Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen, den­ken Sie um, den­ken Sie in Rich­tung Kli­ma­schutz! Denn das, was der Regio­nal­ver­band bis­her leis­tet, ist zu wenig, zu unam­bi­tio­niert. Neh­men Sie die Beschlüs­se von Paris als ein Zei­chen für die Zei­ten­wen­de! Ein pro­fes­sio­nel­les Kli­ma­ma­nage­ment birgt ein Ein­spar­po­ten­ti­al, das nicht nur die Stel­le des Kli­ma­ma­na­gers refi­nan­zie­ren wird, son­dern dar­über hin­aus zu spür­ba­ren Ent­las­tun­gen bei den Ener­gie- bzw. Unter­halts­kos­ten füh­ren wird. Durch die zusätz­li­che drei­jäh­ri­ge 65% För­de­rung der Stel­le bie­tet sich jetzt die Mög­lich­keit, dass selbst Zweif­ler die Mög­lich­keit haben, sich in der Pra­xis vom Sinn und Nut­zen qua­li­fi­zier­ter Kli­ma­schutz­maß­nah­men zu über­zeu­gen.
Für die übri­gen 35 % Eigen­an­teil machen wir Grü­ne zudem den Finan­zie­rungs­vor­schlag, die Stel­le der Fach­dienst­lei­tung Regio­nal­ent­wick­lung und Pla­nung nicht neu zu beset­zen. Dies wol­len wir nicht als Kri­tik an der Per­son von Herrn Dr. Uhr­han ver­stan­den wis­sen, son­dern viel­mehr als unse­re For­de­rung, mit allem Nach­druck nun end­lich den Fokus auf den Kli­ma­schutz im Regio­nal­ver­band zu rich­ten!
Solan­ge unse­ren Anträ­gen zum Haus­halt nicht gefolgt wird, kön­nen wir dem Haus­halt nicht zustim­men. Wir wer­den uns dann der Stim­me enthalten.

Mei­ne Damen und Her­ren, ich dan­ke für Ihre Auf­merk­sam­keit und will es nicht ver­säu­men, Ihnen allen, den Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­tern der Frak­tio­nen und der Ver­wal­tung für die gute Zusam­men­ar­beit in die­sem Jahr zu danken.