Haushaltsrede 2017

Man­fred Jost, Fraktionsvorsitzender

 

– es gilt das gespro­che­ne Wort –

Sehr geehr­ter Herr Direk­tor Gil­lo,
mei­ne sehr ver­ehr­ten Damen und Her­ren,
lie­be Kol­le­gin­nen und Kollegen,

 

auch in die­sem Jahr steht der Haus­halt wie­der ganz im Zei­chen der stei­gen­den Regio­nal­ver­bands­um­la­ge. Zu unse­rem gro­ßen Bedau­ern fällt sie 2017 noch hor­ren­der aus als zuvor. Was das für unse­re Städ­te und Gemein­den bedeu­tet, ist uns allen klar: es ist ein Fias­ko. Dass die Umla­ge am Ende „nur“ um 20 statt der befürch­te­ten 30 Mil­lio­nen steigt, kann kei­nes­falls beru­hi­gen. Im Gegen­teil: es muss Ansporn für den Regio­nal­ver­band sein, jeden nur mög­li­chen Ein­spar­wil­len zu zei­gen. Und doch hat eine Medail­le immer zwei Sei­ten. In die­sem Sin­ne kann ich nur mei­nen Appell aus dem ver­gan­ge­nen Jahr wie-der­ho­len: da wir hier ein struk­tu­rel­les Pro­blem haben, sehen wir Grü­ne drin-gen­den Reform­be­darf bei der Finanz­aus­stat­tung der Land­krei­se durch den Bund und das Land. Daher müs­sen Bund und Land die Adres­sa­ten unse­rer Haus­halts­re­den sein.

Bei aller Belas­tung des Haus­halts dür­fen wir die aktu­el­len gesell­schaft­li­chen und wirt­schaft­li­chen Ver­än­de­run­gen nicht aus dem Blick ver­lie­ren: ich spre­che von der Digi­ta­li­sie­rung. Denn die Digi­ta­li­sie­rung unse­rer Gesell­schaft schrei­tet immer wei­ter vor­an und betrifft nahe­zu alle Lebens­be­rei­che. Die­ser Trend ver-ändert unse­ren Lebens­all­tag, sei es in beruf­li­cher, pri­va­ter oder schu­li­scher Hin­sicht. Sei­en es Ver­wal­tungs­ab­läu­fe, die ver­schlankt wer­den kön­nen oder die Aus­stat­tung unse­rer Schu­len – der Regio­nal­ver­band ist in vie­ler­lei Hin­sicht von den Ver­än­de­run­gen betrof­fen. In die­sem Sin­ne freu­en wir uns sehr, dass der Regio­nal­ver­band sich der digi-talen Bil­dung nun ver­stärkt annimmt. Unse­re Kin­der wach­sen, anders als die älte­ren Gene­ra­tio­nen, bereits in die­ser digi­ta­li­sier­ten Welt auf. Für uns Grü­ne ist es beson­ders wich­tig, dass sie schon in der Schu­le grund­le­gen­de, umfas­sen­de und sys­te­ma­ti­sche Medi­en­bil­dung genie­ßen und so ihre Tech­nik- und Medi­en­kom­pe­tenz von Anfang an geför­dert wird. Dafür müs­sen aller­dings die Rah­men­be­din­gun­gen stim­men – neben der Hard­ware gehö­ren dazu unter an-derem kos­ten­lo­ses WLAN und schnel­les Inter­net. Die digi­ta­le Infra­struk­tur an unse­ren Schu­len ist aber lei­der oft noch stark ver­bes­se­rungs­be­dürf­tig. Ent-spre­chend begrü­ßen wir es, dass der Regio­nal­ver­band nun 0,5 Mio € zur Er-neue­rung der Infra­struk­tur ange­setzt hat. Wir fin­den: es wur­de auch Zeit!

Mei­ne Damen und Her­ren, mit die größ­ten Ansatz­stei­ge­run­gen fin­den wir in die­sem Jahr beim Jugend­amt. Wir alle haben die Streiks der Erzie­he­rin­nen und Erzie­her im Jahr 2015 mit gro­ßem Inter­es­se ver­folgt. Völ­lig zu Recht haben sie für bes­se­re Bezah­lung gekämpft, denn klar ist: qua­li­ta­tiv wert­vol­le früh­kind­li­che Bil­dung kos­tet Geld, ist aber aus unse­rer Sicht eine loh­nen­de Inves­ti­ti­on. Klar ist aber auch, dass irgend­je­mand das bezah­len muss. Und so kom­men nicht nur auf unse­re Städ­te und Gemein­den, son­dern auch auf den Regio­nal­ver­band nun höhe­re Aus­ga­ben im Bereich der Kitas und Kin­der­gär­ten zu. Für den Haus­halt des Regio­nal­ver­ban­des bedeu­tet dies höhe­re Per­so­nal­kos­ten­zu­schüs­se und stei­gen­de Aus­ga­ben für die Über­nah­me der Eltern­bei­trä­ge, nicht zuletzt auch ein erhöh­ter büro­kra­ti­scher Aufwand.

Wir Grü­ne fin­den: früh­kind­li­che Bil­dung muss – eben­so wie die Schul­bil­dung – kos­ten­frei sein. Denn es kann nicht sein, dass gute Bil­dung vom Geld­beu­tel der Eltern abhängt. Gleich­zei­tig hät­ten wir mit der Bei­trags­frei­heit die Chan­ce, einen gro­ßen Schritt hin zur bes­se­ren Ver­ein­bar­keit von Fami­lie und Beruf zu machen. Hier sehen wir aller­dings das Land in der Pflicht. Der Blick in unser Nach­bar­land Rhein­land-Pfalz unter­streicht unse­re For­de­rung nach kos­ten­lo­sem Zugang zur früh­kind­li­chen Bil­dung. Vor die­sem Hin­ter­grund begrü­ßen wir aus­drück­lich die jüngs­ten For­de­run­gen des Bil­dungs­mi­nis­ters Com­mer­çon zur Bei­trags­frei­heit. Den Regio­nal­ver­band und damit unse­re Städ­te und Gemein­den wür­de dies deut­lich ent­las­ten. Zur Ver­ein­bar­keit von Fami­lie und Beruf gehört aber nicht nur, wie viel ein Kita-Platz kos­tet, son­dern auch, ob man über­haupt einen Platz hat. Zwi­schen ermit­tel­tem Bedarf und tat­säch­li­chem Ver­sor­gungs­grad klafft im Regio­nal­ver­band noch immer eine Lücke, die drin­gend geschlos­sen wer­den muss. Mehr noch: wenn wir die Fami­li­en wei­ter stär­ken und Allein­er­zie­hen­den eine reel­le Chan­ce auf Teil­ha­be am Arbeits­le­ben ermög­li­chen wol­len, benö­ti­gen wir mehr als einen 38prozentigen Ver­sor­gungs­grad, zumin­dest müs­sen wir für jedes zwei­te Kind einen Betreu­ungs­platz im Bal­lungs­ge­biet Regio­nal­ver­band anbieten.

Wer­te Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen, bevor ich zu unse­ren Haus­halts­an­trä­gen kom­me, erlau­be ich mir noch ein paar Wor­te zum The­ma Flücht­lin­ge: wir Grü­ne bedan­ken uns aus­drück­lich bei den Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­tern der Ver­wal­tung, die nicht nur in die­sem Jahr viel geleis­tet haben, um die Unter-brin­gung, Ver­sor­gung und Leis­tungs­ge­wäh­rung der zu uns gekom­me­nen Flücht­lin­ge zu stemmen.

Auch wenn die ers­ten wich­ti­gen Schrit­te damit gemacht sind, liegt noch ein wei­ter Weg vor uns allen. Denn Inte­gra­ti­on ist ein andau­ern­der Pro­zess, der uns noch eini­ge Jah­re beschäf­ti­gen wird. Dazu gehö­ren zum Bei­spiel Alpha-beti­sie­rungs- und Sprach­kur­se sowie idea­ler­wei­se auch berufs­spe­zi­fi­sche Sprach­kur­se. Die War­te­zei­ten für die­se Kur­se sind viel zu lang und ihre Anzahl zu gering. Hier erwar­ten wir uns grö­ße­re Anstren­gun­gen des Regio­nal-ver­ban­des, ein brei­te­res Ange­bot zu schaf­fen, bei­spiels­wei­se durch eine bes-sere Zusam­men­ar­beit von Job­cen­ter und VHS.

Mei­ne Damen und Her­ren, ich kom­me nun zu unse­ren Haushaltsanträgen:

Die hor­ren­de Umla­ge­stei­ge­rung, über die wir heu­te spre­chen, gebie­tet es, jeden mög­li­chen Ein­spar­wil­len zu zei­gen und Aus­ga­ben zu sen­ken. Wenn aller­dings an der fal­schen Stel­le gespart wird, ist das auf Dau­er weder für den Re-gio­nal­ver­band, noch für unse­re Städ­te und Gemein­den hilf­reich. Ent­spre­chend bleibt sich die Grü­ne Frak­ti­on mit ihren Haus­halts­an­trä­gen treu, denn es liegt auf der Hand, dass heu­ti­ge Inves­ti­tio­nen in ener­ge­ti­sche Sanie­rung und Inves-titio­nen in den Kli­ma­schutz die Ein­spa­run­gen und Ent­las­tun­gen von mor­gen brin­gen. Auch wenn wir in die­sem Jahr nicht expres­sis ver­bis die Ein­stel­lung eines Kli­ma­ma­na­gers for­dern, soll­ten Sie sich nicht zu früh freu­en, denn wir haben uns vom Kli­ma­ma­na­ger noch nicht verabschiedet.

Wir begrü­ßen die Maß­nah­men zur ener­ge­ti­schen Sanie­rung an Schu­len, die nun dank der För­de­rung durch das Kom­mu­na­l­in­ves­ti­ti­ons­för­de­rungs­ge­setz geplant sind, aus­drück­lich. Es kann aber doch nicht sein, dass der Regio­nal­ver­band erst dann aktiv wird, wenn För­der­gel­der win­ken. Das, mei­ne Damen und Her­ren, ist völ­lig unam­bi­tio­niert. Ver­wal­tungs­spit­ze und gro­ße Koali­ti­on haben noch immer nicht erkannt, wel­che Fol­ge­kos­ten in der Zukunft dro­hen, wenn jetzt nicht kon­se­quent in Kli­ma­schutz inves­tiert wird. Uns Grü­nen bleibt bei die­ser Igno­ranz gar nichts ande­res übrig, als erneut zu bean­tra­gen, dass zusätz­li­che Mit­tel in Höhe von einer Mil­li­on Euro bereit­ge­stellt werden.

Ambi­tio­nier­ter, kon­se­quen­ter Kli­ma­schutz – dafür braucht es den Kli­ma­ma­na­ger. Dass die­se Infor­ma­ti­on noch nicht bei der Ver­wal­tungs­spit­ze und den bei­den gro­ßen Frak­tio­nen ange­kom­men ist, wis­sen wir aus den Haus­halts­be­ra­tun­gen im letz­ten Jahr. Ger­ne wird dann dar­auf ver­wie­sen, dass beim Kli­ma­schutz vie­les nicht in der Hand des Regio­nal­ver­ban­des lie­ge. Aber was ist, wenn man in der eige­nen Zustän­dig­keit etwas tun könn­te, wofür sogar noch genü­gend Mit­tel im Haus­halt bereit stün­den? Rich­tig, dann macht man es immer noch nicht. Das, mei­ne Damen und Her­ren, ist die Logik der Gro­ßen Koali­ti­on. Ich bezie­he mich natür­lich auf unse­ren dies­jäh­ri­gen Haus­halts­an­trag zur Ein­füh­rung eines Umwelt­ma­nage­ment­sys­tems. Ein sol­ches Sys­tem mit der ent­spre­chen­den EMAS-Zer­ti­fi­zie­rung wird im Kli­ma­schutz­kon­zept gefor­dert, vom Umwelt­mi­nis­te­ri­um geför­dert und baut auf dem bestehen­den Ener­gie­con-trol­ling­s­ys­tem des Regio­nal­ver­ban­des auf. Der Vor­teil eines Umwelt­ma­na­ge-ment­sys­tems liegt auf der Hand, näm­lich im regel­mä­ßi­gen Moni­to­ring ver-schie­de­ner Res­sour­cen- und Energieverbräuche.

Ich kann nur noch ein­mal nach­drück­lich für unse­re Anträ­ge wer­ben: neh­men Sie Kli­ma­schutz end­lich ernst, nut­zen Sie die Ein­spar­po­ten­tia­le zum Woh­le der nach­fol­gen­den Gene­ra­tio­nen! Solan­ge unse­ren Anträ­gen zum Haus­halt nicht gefolgt wird, kön­nen wir dem Haus­halt nicht zustim­men. Wir wer­den uns dann der Stim­me enthalten.

Mei­ne Damen und Her­ren, ich dan­ke Ihnen allen sowie den Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­tern der Ver­wal­tung und der Frak­tio­nen für die gute Zusam­men­ar­beit in die­sem Jahr.

Vie­len Dank für Ihre Aufmerksamkeit.